Ist es möglich, dass Patienten mit Post-Polio-Syndrom manche Medikamente schlecht vertragen, die ihnen ihr Arzt verordnet hat?
Ja, das ist möglich! Eine Reihe von Arzneistoffen wird auf Grund von poliobedingten Schäden im Zentralnervensystem nicht vertragen und kann ein Post-Polio-Syndrom sogar auslösen oder verschlimmern, weil sie auf eine geschädigte Struktur trifft.
Dazu gehören unter anderem beispielsweise Beta-Blocker, Cholesterinsenker, Muskelrelaxantien, Narkotika, Anästhetika, Opiate, Psychopharmaka (Antidepressiva, Neuroleptika, Sedativa, Tranquilizer/Benzodiazeptine) und einige Antibiotika.
Muss man bei einer notwendigen Narkose/Operation die behandelnden Ärzte auf die Polioerkrankung hinweisen?
Das wäre wichtig, um Komplikationen während und nach einem Eingriff in Form von Atem- und Kreislaufstörungen zu vermeiden. Der Anästhesist sollte über grundlegende Informationen zur Poliomyelitis Bescheid wissen. PPS-Patienten benötigen eine längere Aufwachzeit sowie eine längere Rekonvaleszenz. Kälteintoleranz und Medikamentenunverträglichkeit müssen berücksichtigt werden.
Empfohlen wird auch das Mitführen einer „Medizinischen Notfallkarte“, auf der wichtige Informationen für Ärzte vermerkt sind (erhältlich bei den Polioverbänden).
Welche Alternativen zu herkömmlichen Arzneimitteln gibt es?
Viele Post-Polio-Patienten reagieren auf die normalerweise verordneten Medikamente gegen chronische Schmerzen empfindlich oder gar allergisch und haben mit Nebenwirkungen zu kämpfen. Daher wird empfohlen, wo es geht, jeweils nur die halbe Dosis der entsprechenden Mittel einzunehmen. Das gilt auch bei notwendigen Narkosen, z.B. Eingriffe beim Zahnarzt.
Neuere Forschungen zu medizinischem Cannabis ergaben, daß dieses bei PPS-Patienten gut und nebenwirkungsfrei eingesetzt werden kann. Die Verordnung eines solchen Mittels ist jedoch nicht einfach. Gewarnt werden muss vor Selbstmedikationen, vor allem was nicht verschreibungspflichtige Nahrungsergänzungsmittel betrifft.
Um das Fortschreiten der Post-Polio-Erkrankung aufzuhalten, ist Physiotherapie sehr zu empfehlen! Der Arzt kann, ohne sein Budget zu belasten, eine Langzeitverordnung ausstellen. Auch Schwimmen bzw. das sanfte Bewegen im warmen Thermalwasser tut dem geschwächten und schmerzenden Körper gut.
Ist der Einsatz von Hilfsmitteln sinnvoll?
Um die verbliebenen Kräfte, vor allem in den Beinen zu schonen, wird empfohlen, sich rechtzeitig Hilfsmittel wie Orthesen, Gehstöcke, einen Rollator oder Rollstuhl, möglichst mit Elektroantrieb, verordnen zu lassen. Dies dient auch der Sicherheit vor Stürzen.
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Was kann man alternativ zu Medikamenten tun, um die Beschwerden leichter zu, ertragen?
Grundsätzlich gilt, sehr achtsam mit dem Körper umzugehen, ihn nie zu überfordern, rechtzeitig Pausen zur Erholung einzulegen. Die Gefahr besteht, wenn bei Schmerzen Medikamente eingenommen werden, dass man dann dazu neigt, sich noch mehr zu überanstrengen. Da bei jeder Überanstrengung Nervenzellen absterben, wird der Körper immer schwächer! Auch ein Muskelaufbau ist nicht mehr möglich!
Gut geeignet sind sanfte Körper- und Atemübungen aus dem Yoga, Qi Gong, Entspannung und Meditation. Viele Übungen können im Sitzen oder Liegen ausgeführt werden.
Können Achtsamkeitsübungen helfen, die Beschwerden leichter zu ertragen?
Die Achtsamkeit zu schulen, ist eine sehr gute Möglichkeit, mit dem Post-Polio-Syndrom umzugehen. Dabei wird der Geist trainiert, besser auf Körpersignale zu achten. So gelingt es, rechtzeitig Aktivitäten zu reduzieren und für Entspannung zu sorgen. bevor eine Überforderung eintritt oder verstärkt Schmerzen entstehen. Auch gegen Anforderungen von außen kann man sich besser schützen und lernen, auch einmal „Nein“ zu sagen. Mit Gelassenheit gelingt es, dankbar das loszulassen, was früher einmal möglich und wichtig war, und genießen, was im jetzigen Augenblick Freude macht.