Das Postpoliosyndrom

Nach der Akuterkrankung Poliomyelitis treten nach einer stabilen Phase von mindestens 15 Jahren, meist 20 bis 30 Jahren erneut Verschlechterungen auf. Dabei kann es sich sowohl um alte, während der akuten Krankheitsphase vorhandene, als auch neue Symptome handeln. Als Überbegriff für diese neu aufgetretenen Störungen wurde der Begriff „Postpoliosyndrom“ geprägt.

Das Postpoliosyndrom bezeichnet nicht die Primärschäden (Schäden, die mit der Erkrankung auftreten) einer Polioerkrankung. Diese werden unter der Bezeichnung „Zustand nach Poliomyelitis“ zusammengefasst.

Dazu zählen:

  • schlaffe Lähmungen,
  • Verkürzung von Gliedmaßen, weil sie nicht mehr gut durchblutet werden,
  • Skoliose und damit verbunden Rückenschmerzen,
  • Atembeschwerden durch deformierten Brustkorb, weil die Rippenmuskulatur zu schwach ist

Das Post-Polio-Syndrom (PPS) wird inzwischen als eigenständiges Krankheitsbild gesehen. Es besitzt im weltweit benutzten ICD-10 eine eigene Kennziffer (G14). Diese Kennziffer wird sich aber ab dem 1.1.2022 ändern.


Symptome

  • Müdigkeit bis hin zur Erschöpfung
  • Muskelschmerzen und Gelenkschmerzen, auch in früher nicht befallenen Muskeln und Gelenken
  • außergewöhnliche Kälteintoleranz
  • Muskel- und Gewebeschwund
  • zunehmend Probleme beim Gehen, Treppensteigen, Ankleiden
  • Probleme beim Schlucken und mit der Atmung (Schlafapnoe)
  • Atemprobleme nach einer Vollnarkose, sofern bei Wahl und Dosierung der Narkosemittel die durchgemachte Polio nicht berücksichtigt wurde
  • Verträglichkeit von Medikamenten, die oft zu hoch dosiert werden.

PPS ist eine Ausschlussdiagnose. Hierzu ist eine gründliche körperliche Untersuchung, inklusive eines neurologischen und orthopädischen Status notwendig.  Manche PPS-Patienten suchen 10 und mehr Ärzte auf, bis sie die richtige Diagnose erhalten. Manchmal dauert die Suche bis zu 20 Jahren. Häufig wird fälschlicherweise Fibromyalgie (Weichteilrheuma) diagnostiziert.

Als Ursache für PPS wird eine systematische Überlastung der Nervenzellen über viele Jahrzehnte, die zu einem unwiederbringlichen Absterben der Nervenzellen führt, gesehen. Das Post-Polio-Syndrom ist nicht heilbar. Deshalb ist es für die Betroffenen wichtig, ihren jeweiligen aktuellen Status zu akzeptieren. Wichtig ist auch, dass man auf seinen Körper „hört“, auf Muskelaufbautraining verzichtet, aber auch durch eine schonende Krankengymnastik den Status erhält. Und – was vielen schwerfällt – den Einsatz von Hilfsmitteln wie Orthesen (Schienen) und Rollstühle frühzeitig als Vorbeugemaßnahme annimmt.

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